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C. Vergütung der Leistungen - fest oder ungefähr?

Es ist eine Besonderheit des Werkvertragsrechts in der Bauwirtschaft, dass die Leistungen der Unternehmer nach zwei grundsätzlich verschiedenen Methoden vergütet werden können (Art. 38 bis 57 SIA 118). Die Vergütung kann entweder fest vereinbart werden, sie kann aber auch abhängig vom Aufwand sein, den der Unternehmer treiben muss. Bei der festen Vergütung spricht man im Bauwesen häufig von Akkordarbeiten, bei der aufwandabhängigen von Regiearbeiten.

Beide Methoden der Preisbestimmung sind im Gesetz (OR) geregelt. Auf die feste Vergütung bezieht sich der Artikel 373 OR. Vermutlich nur wenige Praktiker im Baugewerbe wissen, dass auch die Regiearbeiten ihren Ursprung im Gesetz haben, und zwar im Artikel 374 OR: «Ist der Preis zum voraus entweder gar nicht oder nur ungefähr bestimmt worden, so wird er nach Massgabe des Wertes der Arbeit und der Aufwendungen des Unternehmers festgesetzt.»

Es liegt auf der Hand, dass es nicht jedermanns Sache ist, ein Werk zu bestellen, ohne den Preis im voraus fest zu vereinbaren. Die Vergütung richtet sich hier quasi nach der Tagesform des Unternehmers: arbeitet er zügig, wird das Werk günstig, trödelt er jedoch, erhöht sich die Regierechnung. Es verwundert daher nicht, dass Regiearbeiten generell etwas berüchtigt sind. Sogar gelegentliche Zaungäste des Bauens wissen eines: Vorsicht vor Regiearbeiten!

 

  • Feste Vergütung der Leistungen

Im Bauwesen ist es sehr häufig, dass bei der festen Vergütung der Leistungen sogenannte Einheitspreise vereinbart werden. Gipser, Baumeister, Elektriker, Gärtner, Bodenleger und viele andere Handwerker sind es gewohnt, mit Einheitspreisen zu rechnen.

Betrachten wir anhand eines ganz einfachen Beispiels, was es mit den Einheitspreisen auf sich hat. Nehmen wir an, in einem Raum soll ein alter PVC-Belag durch einen neuen Teppich samt neuem Holzsockel ersetzt werden. Für das auszuführende Werk erstellt die Bauleitung ein Leistungsverzeichnis, das aus drei Positionen besteht: (1) Teppich, (2) Sockel und (3) Entfernung des alten Belages. Konzentrieren wir uns zunächst auf die beiden Positionen «Teppich» und «Sockel». Für die Ausschreibung ermittelt die Bauleitung pro Position die Mengen (sogenannte Vorausmasse) und überträgt diese, meist um einige Prozente aufgerundet, ins Leistungsverzeichnis. Der Unternehmer gibt für diese beiden Positionen sein Angebot kund, indem er im Leistungsverzeichnis Einheitspreise einsetzt: 72.40 Fr. pro Quadratmeter für den Teppich und 22.60 Fr. pro Laufmeter für den Sockel.

Bei der dritten Position im Beispiel, der Entfernung des alten PVC-Belages, wird eine andere, seltenere Variante von Festpreisen gewählt: der Pauschalpreis. Bei dieser Preisart ist die geschuldete Vergütung, im Unterschied zur Methode mit Einheitspreisen, unabhängig von einer Menge. Im Beispiel verpflichtet sich der Unternehmer, den alten Belag für pauschal 300 Fr. zu entfernen. Pauschale Preise sind für beliebig grosse Leistungspakete möglich, beispielsweise für ganze Werkteile oder sogar die Gesamtheit aller Leistungen eines Unternehmers. Darauf werden wir im Kapitel 12 über das Generalunternehmerprinzip zurückkommen.

Verwandt mit dem Pauschalpreis ist der Globalpreis. Beide unterscheiden sich lediglich durch die Verrechnung der Teuerung. Beim globalen Preis wird eine (vorgängig vereinbarte) Teuerung vergütet, beim pauschalen nicht.

Bei Einheitspreisverträgen ist die Höhe der Vergütung in der Regel erst nach der Bauausführung genau bestimmbar, wenn die effektiven Mengen (Ausmasse) bekannt sind. Im Beispiel sind die effektiv ausgemessenen Mengen etwas kleiner als die Vorausmasse in der Ausschreibungsunterlage, wodurch die Abrechnungssumme (1 970.65 Fr.) die Offertsumme (2 132.20 Fr.) geringfügig unterschreitet.

 

Grundprinzip von Angebot und Abrechnung mit Einheitspreisen:
Ersatz eines alten PVC-Belages durch einen neuen Teppich (Beispiel)

Pos Text Einheit Menge Einheits-
preis
Betrag Fr.
Angebot
Menge = Vorausmass (mit geringen Ausmassreserven)
1 Teppich geklebt, Fabrikat xy
m2
20.00
72.40
1 448.00
2 Sockel Buche, Höhe 100 mm
m1
17.00
22.60
384.20
3 alten PVC-Belag entfernen
pauschal
300.00
Offertsumme total
2 132.20
Rechnung
Menge = Effektives Ausmass
1 Teppich geklebt, Fabrikat xy m2
18.05
72.40
1 306.80
2 Sockel Buche, Höhe 100 mm m1
16.10
22.60
363.86
3 alten PVC-Belag entfernen pauschal
300.00
Abrechnungssumme total
1 970.65
Hinweis: Rabatt, Skonto und MWSt nicht berücksichtigt.

 

  • Vergütung nach Aufwand (Regiearbeiten)

Bei Regiearbeiten bemisst sich die Vergütung nach dem Aufwand des Unternehmers an Arbeitszeit und Material. Typische Regiearbeiten sind Beihilfen, Reinigungsarbeiten, Ausbesserungen, unvorhergesehene Mehrleistungen und dergleichen. Im Werkvertrag werden dafür meistens lediglich die Ansätze für Arbeitsstunden und Material vereinbart, seltener die voraussichtlichen Gesamtkosten.

Regiearbeiten haben den grossen Nachteil, dass der Unternehmer durch eine speditive Arbeitsausführung nicht belohnt wird. Somit besteht immer die Gefahr, dass er sich nicht besonders anstrengt. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die Bauleitung den Aufwand des Unternehmers kaum kontrollieren kann. Aus diesen Gründen empfiehlt es sich grundsätzlich, so viele Leistungen wie möglich nach Festpreisen zu verrechnen und Regiearbeiten auf ein Minimum zu beschränken. In der Regel hat die Bauleitung nämlich einen erheblichen Spielraum, welche Preisart sie wählt. Die Position (3) im vorangehenden Beispiel (alten PVC-Belag entfernen) hätte genau so gut in Regie verrechnet werden können, die pauschale Preisart ist jedoch vorzuziehen.

Auch wenn die Bauleitung damit rechnet, dass gewisse Arbeiten in Regie auszuführen sind, sollten sie meiner Ansicht nach nicht im Werkvertrag aufgeführt werden. Wenn ein Budget für Regiearbeiten im Werkvertrag enthalten ist, hat der Unternehmer das Gefühl, dass es für ihn bereits so gut wie genehmigt ist. Diese Erwartungshaltung sollte nicht gefördert werden. Regiearbeiten müssen, wie sich ein erfahrener Bauleiter einmal ausgedrückt hat, der Bauherrschaft grundsätzlich mühsam abgerungen werden.

Der Unternehmer darf in der Regel nicht von sich aus Regiearbeiten ausführen. Sie müssen von der Bauleitung ausdrücklich angeordnet (bestellt) werden. Regiebestellungen, insbesondere grössere, sollen vorgängig der Bauherrschaft zur Genehmigung unterbreitet werden. Der Unternehmer muss für Regiearbeiten täglich einen Regierapport erstellen. Gemäss Art. 47.2 SIA 118 hat die Bauleitung diesen Rapport zu prüfen und innert 7 Tagen unterzeichnet zurückzugeben. Die Prüfung der Regierapporte durch die Bauleitung wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Viele Bauleiter legen eine gewisse Standfestigkeit an den Tag und unterschreiben nicht alles. Andere gehen des Weg des geringsten Widerstandes.

 

  • Schutzmassnahmen bei Regiearbeiten

Da die Bauleitung die Regierapporte unterzeichnet, hat in der Praxis die Bauherrschaft keine Kenntnis von Regiearbeiten, bis sie vom Unternehmer die Regierechnung erhält. Es ist ihr zwar auch zu diesem Zeitpunkt noch möglich, die Forderung zu bestreiten. Dies kommt auch praktisch bei jedem Bauvorhaben einmal vor. Meiner Ansicht nach ist es aber besser, wenn sie sich früher in die Überwachung der Regiearbeiten einschaltet. Eine praktikable Möglichkeit, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe, ist die Zweitunterzeichnung der Rapporte durch die Bauherrschaft. Bei diesem Vorgehen ist ein Regierapport erst gültig, wenn er neben der Bauleitung auch durch die Bauherrschaft visiert ist. Einerseits erhält dadurch der Bauleiter eine gewisse Rückenstärkung durch die Bauherrschaft, andererseits hat die Bauherrschaft eine gewisse Kontrolle über den Bauleiter.

D. Das Bauhandwerkerpfandrecht

Das Bauhandwerkerpfandrecht wird in der SIA-Norm 118 nur am Rande erwähnt (Artikel 83 SIA 118). Bauhandwerker, die nicht bezahlt werden, haben eine sehr starke Waffe zur Verfügung: das Bauhandwerkerpfandrecht. Wenn ihre Werklohnforderungen nicht beglichen werden, können sie innert drei Monaten nach Arbeitsvollendung beim Grundbuchamt ein Pfandrecht eintragen lassen. Dies ist selbst dann möglich, wenn sich die Forderung gar nicht an den Eigentümer des Grundstücks richtet, sondern beispielsweise an einen Bauunternehmer. Das Grundstück, auf dessen Boden ein baulicher Mehrwert geschaffen worden ist, haftet somit als Pfand für eine fremde Schuld. Wenn die Forderung nicht beglichen wird, droht in letzter Konsequenz die Versteigerung des mit dem Pfandrecht belasteten Grundstücks. Weil das Bauhandwerkerpfandrecht speziell beim Bauen mit einem Generalunternehmer eine massive potentielle Bedrohung für die Bauherrschaft darstellt, behandeln wir es bei der Besprechung des Generalunternehmer-Werkvertrages (siehe Absatz «Das Bauhandwerkerpfandrecht und die Erfüllungsgarantie»). Auch die Erfüllungsgarantie wird dort erläutert.

Allerdings dürfte das Problem der Bauhandwerkerpfandrechte vermehrt auch beim traditionellen Bauen wichtiger werden. Die Ursache dafür ist der sich abzeichnende Trend, Bauleistungen in grösseren Einheiten zu beschaffen. Die Unternehmer erbringen jedoch nicht alle Leistungen selber und bestellen Teile davon bei Subunternehmern (Unterlieferanten). Sie werden dadurch zu kleinen Generalunternehmern oder Teil-Generalunternehmern.

Die Schutzmassnahmen für die Bauherrschaft sind ähnlich wie beim reinen Generalunternehmer-Werkvertrag.

E. Bestellungsänderungen

Im Geschäftsleben ist es meistens nicht üblich, dass Bestellungen geändert werden. Kaum einem Kunden eines Coiffeurs käme es beispielsweise in den Sinn, während des Haarschnittes auf seine Bestellung zurückzukommen und eine andere Ausführung zu verlangen.

In der Bauwirtschaft allerdings herrschen eigene Sitten. Hier sind Bestellungsänderungen an der Tagesordnung. In der SIA-Norm 118 ist der ganze dritte Abschnitt diesem Aspekt gewidmet (Artikel 84 bis 91 SIA 118). Man rechnet in der Praxis gar nicht damit, dass eine Bestellung wie vereinbart ausgeführt wird, und gesteht dem Besteller von vornherein ein einseitiges Aenderungsrecht zu. In der unnachahmlichen Fachsprache der Juristen wird dieser Brauch etwa als «überkommene Verkehrsübung im Bauwesen» bezeichnet. Wenn eine Bauherrschaft also einen Werkvertrag unterzeichnet und die SIA-Norm 118 als anwendbar erklärt, kann sie davon ausgehen, dass sie die Bestellung in eigenem Ermessen und ohne Absprache mit dem Unternehmer abändern kann (Art. 84 SIA 118). Lediglich der Gesamtcharakter der vereinbarten Leistung muss gewahrt bleiben.

Das Recht zur Bestellungsänderung ist ein verführerisches und zuweilen auch etwas gefährliches Recht. Wohl trifft es zu, dass Bestellungsänderungen nicht immer zu umgehen sind, etwa bei Sanierungen oder Bauten auf schwierigem Baugrund. Grundsätzlich sollte aber während der Bauausführung sowenig wie möglich geändert werden. Siehe dazu auch Absatz «Pflichtenheft einfrieren».

 

  • Schutzmassnahmen

Rechtshandlungen, die mit finanziellen Konsequenzen verbunden sind, soll die Bauleitung grundsätzlich der Bauherrschaft zur Genehmigung vorlegen. Dies trifft bei vielen Bestellungsänderungen zu, ganz speziell bei den sogenannten Nachtragsbestellungen (= Zusatzbestellungen). Die Bauleitung soll also nicht in eigener Kompetenz grössere Bestellungsänderungen veranlassen dürfen.