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Die vier Kreise des Sparens beim Planen

Günstig bauen ist zwar weitgehend das Resultat kostenbewusster Arbeit der beauftragten Planer, aber nicht ausschliesslich. Der Einfluss des Auftraggebers ist grösser, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Praktisch alle wichtigen Zwischenentscheide werden nämlich von Planungsteam und Bauherrn gemeinsam getroffen, was in der Regel auch Einflüsse auf die Kosten hat.

Als Orientierungshilfe für kostenbewusste Bauherren gehe ich nachfolgend etwas näher auf die Möglichkeiten und Techniken des Kostensparens ein. Engagierte Investoren erhalten dadurch Anregungen, um die Planer allenfalls mit sanftem Zwang dazu anzuhalten, die Potentiale das Kostensparens seriös auszuloten. Die Planungstätigkeiten und somit die Kostensparpotentiale unterteile ich in die vier Bereiche Entwurf, Konstruktion, Energiekonzept und Optionen.

Weil die meisten Leser vermutlich mehr Erfahrung mit dem Kauf eines Autos haben als mit der Abwicklung eines Bauvorhabens, verwende ich zur Illustration einige Analogien aus der Welt des Autos. Die Vergleiche dienen nur dazu, die gewählte Gliederung in die vier Bereiche (Kreise) besser zu verstehen.

 

Die vier Kreise des Kostensparens beim Planen

Einfluss Auftraggeber bei Bauprojekten Analogie Autoindustrie
Kreis A:
Entwurf
kritische Begleitung; Mitwirkung Konzeptentwicklung Prototyp
Kreis B:
Konstruktion
wenig Einfluss; Feld der Profis detailliertes Konzept für die Produktion
Kreis C:
Energiekonzept
Wahl aus verschiedenen Leistungskategorien Motoren verschiedener Typen und Leistungen
Kreis D:
Optionen
weitgehende Wahlfreiheit (Unterhalt, Komfort etc.) Zubehör nach Katalog (ABS, Airbag etc.)

Eine Vorbemerkung zur Projektdefinition

Während der Projektdefinition als Vorstufe zur Planung werden die Vorgaben der Bauherrschaft in einem Pflichtenheft (Raumprogramm) zusammengestellt. Es beinhaltet eine anspruchsvolle Kostenvorgabe für die Projektentwicklung und enthält im allgemeinen kein Kostensparpotential (siehe Absatz «Kann man bei der Projektdefinition Kosten sparen?»).

Analog ist es in der Autoindustrie. Hier wird im Pflichtenheft beispielsweise ein neuer Typ von Stadtauto definiert. Die wesentlichen Leistungsmerkmale werden darin festgehalten. Möglicherweise wird postuliert, dass es neckisch und fröhlich erscheinen soll und höchstens 12 000 Franken kosten darf.

Kreis A: Entwurf

Darunter verstehen wir die Umsetzung der vorgegebenen Nutzung (Pflichtenheft, Raumprogramm) in ein bauliches Konzept. Mit dem Entwurf, einer Kerntätigkeit der Planer, können die Kosten in grossem Rahmen beeinflusst werden. Allerdings setzt kostenbewusstes Planen viel Erfahrung und breite Kenntnisse voraus. Da der Entwurf normalerweise stufenweise erarbeitet wird, muss die Bauherrschaft immer wieder Stellung dazu nehmen und zusammen mit den Planern Zwischenentscheide fällen. Sie kann somit nicht unwesentlich zu günstigen Kosten beitragen.

Auch für ein neues Automobil gibt es eine Phase des «Entwurfs». Die Anforderungen im Pflichtenheft werden in ein konkretes, fahrbares, aber noch nicht serienreifes Produkt umgesetzt (Prototyp). Dabei sind durchaus unterschiedliche An-sichten möglich, wie beispielsweise ein sparsames Stadtauto für zwei Personen und zwei Kisten Bier auszusehen habe. Auch technische Laien können und müssen hier mitreden (beispielsweise Marketingleute), nicht nur Designer und Ingenieure.

Kreis B: Konstruktion

Unter der Konstruktion verstehen wir im Bauwesen die technische Umsetzung des teilweise noch materialneutralen Entwurfs. Dies ist das Feld der Ingenieure und Techniker, also der Profis.

Konstruktion gibt es auch im Automobilbau. Das (kostengünstige) Bauen von Fahrzeugen hat sich in der knapp hundertjährigen Geschichte des Autos zu einer wahren Wissenschaft entwickelt. Im Laufe dieser langen Zeit haben sich allerdings die Vorstellungen darüber radikal verändert, wie man am besten zum Erfolg kommt. Während beispielsweise Henry Ford noch jede Schraube selber hergestellt hat, wird heute in grossem Stil «Outsourcing» betrieben. Von Lieferanten überall auf der Welt werden möglichst hochwertige Komponenten eingekauft.

Kreis C: Energiekonzept

Unter dem Energiekonzept verstehen wir die Auslegung eines teils baulichen, teils technischen Systems, das Energie konsumiert und primär die klimatischen Bedingungen im Gebäude regelt. Das Energiekonzept ist ein wichtiges Teilsystem eines Bauwerks. Es kann von der Bauherrschaft, je nach den geforderten Leistungsmerkmalen, in einer gewissen Bandbreite frei gewählt werden.

Hier ist eine Analogie mit der Automobilindustrie speziell interessant. Auch der Motor ist ein zentrales technisches System, bei dem eine gewisse Wahlfreiheit besteht. Wer Sportlichkeit bevorzugt, wählt einen Motor mit viel PS. Wer sparen will, fährt möglicherweise Diesel. Die Umweltbewussten schliesslich begnügen sich mit dem kleinsten Motörchen. Alle Anforderungen bringt man allerdings nicht unter einen Hut: der Preis der hohen Leistung sind höhere Betriebskosten und eine vermehrte Belastung der Umwelt.

Kreis D: Optionen

Dieser Kreis des Kostensparens hat einen etwas anderen Charakter als die drei Kreise Entwurf, Konstruktion und Energiekonzept. Bei den bisher behandelten Kreisen geht es darum, geforderte Leistungsmerkmale aller Art mit minimalen Kosten zu erreichen, was in der Regel viel Denkarbeit erfordert. Bei den Optionen jedoch besteht für die Bauherrschaft die Sparstrategie naheliegenderweise darin, die eigenen Ansprüche zu begrenzen. Sie soll mit ihren Wünschen zurückhaltend sein.

Zu den Optionen gehören diejenigen Bauteile, welche von der Bauherrschaft weitgehend autonom bestimmt werden können, beispielsweise Bodenbeläge, Wand- und Deckenverkleidungen, Ausstattungen in Sanitärräumen bis hin zu kompletten Systemen für die Steuerung der gebäudetechnischen Anlagen. Die Wahl richtet sich einerseits nach den Ansprüchen an Komfort, Prestige, Unterhalt und dergleichen, andererseits nach den vorhandenen finanziellen Mitteln.

Das Prinzip der Optionen zeigt sich sehr schön im Automobilbau. Auch hier kann die Ausstattung, innerhalb gewisser Limiten, aus einem Baukasten frei zusammengestellt werden. Viele sogenannte «Features» (Ausstattungsmerkmale) sind beim Auto wählbar, und ständig werden es mehr. Früher war es anders: Henry Ford hat in den Anfängen konsequent nur ein Modell gebaut und nicht einmal bei den Farben Konzessionen gemacht. Heute bewegen wir uns im Automobilbau auf die Losgrösse 1 zu: jedes Auto ist tendenziell ein Unikat und nach Kundenbedürfnissen gefertigt. Spezielle Kataloge mit allen Wahlmöglichkeiten (Airbag, Sportreifen, Schiebedach, Farbe etc.) erleichtern es den Interessenten, ihr Wunschauto zusammenzustellen.

Die Wahlfreiheit hat allerdings ihre Grenzen, bei Gebäuden wie bei Autos. Bei Fahrzeugen ist die Form der Karosserie, mit Ausnahme von allenfalls unter-schiedlichen Grundausführungen, tabu für Spezialwünsche. Desgleichen wird bei einem Gebäude der ambitionierte Bauplaner den Wünschen der Kundschaft nur bis zu einem gewissen Grad entgegenkommen und beispielsweise Fenster in sorgfältig gestalteten Fassaden nicht beliebig verändern oder verschieben.

Sind die Kreise des Sparens unabhängig voneinander?

Auch wenn die vier Bereiche (Kreise) separat dargestellt werden, sind sie in Wirklichkeit keineswegs unabhängig voneinander. Sie sind teilweise sogar ausgesprochen stark miteinander vernetzt. Die Grundprinzipien der Konstruktion beispielsweise müssen bereits im Entwurf integriert sein. Auch das Energiekonzept, das mit Vorteil in einem ganz frühen Zeitpunkt ausgelegt wird, ist in hohem Masse mit dem Entwurf verknüpft. Entwurf, Konstruktion und Energiekonzept müssen somit mehr oder weniger synchron entwickelt werden.

Lediglich bei den Optionen sind die Entscheide in der Regel von so geringer Tragweite, dass sie spät im Projektablauf getroffen werden können, teilweise sogar erst während der Bauausführung. Normalerweise geht es dabei um Detailspezifikationen von Teilen von Ausbau und Gebäudetechnik.

Nach diesem ersten Überblick gehen wir in den nächsten Abschnitten vertieft auf die vier Sachgebiete oder Kreise des Sparens ein.