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Einige Honorarfragen der übrigen Planer

Nachdem wir beim Architekten die Vertrags- und Honorarfragen ausführlich erörtert haben, können wir uns bei den übrigen Planern, den sogenannten Spezialisten, kurz fassen. Zu den Spezialisten gehören der Bauingenieur und die Haustechnikplaner. Eine Beschränkung auf einige ausgewählte Vertragsfragen ist hier vertretbar, weil der Architekt in seiner Funktion als Gesamtleiter die Bauherrschaft normalerweise bei der Verpflichtung dieser Planer unterstützt.

Allgemeines zu den Verträgen mit den Spezialisten

Die Leistungen zwischen Architekt und Spezialisten sind in den SIA-Honorarordnungen 102 ff. in der Regel zwar klar abgegrenzt, manchmal gibt es aber doch Ermessensspielräume beim Festlegen der Aufgaben. Aus diesem Grund ist es nicht immer ganz unproblematisch, sich ausschliesslich auf den Architekten als Berater und Treuhänder zu verlassen, wenn es um die Beauftragung der Spezialisten geht. Der Architekt kann der Versuchung ausgesetzt sein, im Zweifelsfall seine Interessen vor jene der Bauherrschaft zu stellen. Dieses Problem kann nur aus der Welt geschafft werden, wenn auf Seite der Bauherrschaft selber genügend Fachkompetenz vorhanden ist, um die Spezialistenverträge auszuhandeln. Diese Lösung ist zweifellos die bestmögliche überhaupt, setzt aber meistens voraus, dass der (nicht professionellen) Bauherrschaft ein Bauherrenberater zur Verfügung steht.

Bei den meisten gewöhnlichen Projekten, etwa im Wohnungsbau, ist die Summe aller Spezialistenhonorare etwa halb so gross wie das Architektenhonorar. Bei komplexen Gebäuden mit viel Haustechnik nimmt der Anteil der Spezialistenhonorare zu. Zusammengezählt können sie hier gleich gross sein oder sogar noch grösser.

Die Honorarordnungen der Spezialisten (z. B. SIA 108) bilden zusammen mit derjenigen der Architekten (SIA 102) eine Familie. Sie sind weitgehend modular aufgebaut. Besonders der Gesamtleiter des Planungsteams und der Projektmanager der Bauherrschaft wissen diesen Komfort der Einheitlichkeit zu schätzen, weil sie ständig mit Verträgen aller Fachgebiete konfrontiert sind. Die Honorarformel beispielsweise ist überall gleich konzipiert und besteht aus den an anderer Stelle («Die Formel für den Kostentarif») erläuterten Faktoren wie Schwierigkeitsgrad n, Leistungsanteil q und so weiter. Die honorarberechtigte Bausumme umfasst in der Regel die Bauteile des entsprechenden Fachgebiets. Beim Bauingenieur beispielsweise sind die statischen Bauteile honorarberechtigt, beim Heizungsplaner die Heizungsanlage und so weiter.

A. Der Bauingenieur

Das Bauingenieurhonorar beträgt typischerweise ungefähr einen Drittel des Architektenhonorars. Unter den Honoraren der Spezialisten ist es meistens das grösste. Aus der Familie der Honorarordnungen ist die SIA-Ordnung 103 massgebend für die Leistungen und Honorare der Bauingenieure. Diese Ordnung umfasst das gesamte Tätigkeitsspektrum dieser Berufsgattung, von Alpentunneln über Talsperren und Autobahnbrücken bis zu gewöhnlichen Hochbauten.

 

  • Gesamtleiter oder Spezialist

Je nach der Art des Bauvorhabens kann der Bauingenieur zwei unterschiedliche Funktionen einnehmen. Bei den teilweise gigantischen Tiefbauprojekten ist er in der Regel der Gesamtleiter. In der SIA-Ordnung 103 spricht man davon, dass er für «Ganze Bauwerke» zuständig sei. Im nor¬malen Hochbau jedoch ist der Bauingenieur ein Spezialist und nicht der Gesamtleiter. Er kümmert sich primär um das Tragwerk sowie allenfalls um Dinge wie Baugrubenab¬schlüsse oder Grundwassermassnahmen. Für diese Tätigkeit («Ingenieur als Spezialist») kommen nur einzelne Abschnitte der SIA-Honorarordnung 103 zur Anwendung, insbesondere der Art. 4.2 (SIA 103) aus dem Leistungsbeschrieb.

Von allen Planern im Bauwesen haben wohl Architekt und Bauingenieur die komplexeste und engste Art der Zusammenarbeit. Das kostenmässig wichtigste Leistungsverzeichnis bei Hochbauten, dasjenige des Baumeisters, erstellen die beiden gemeinsam. Der Bauingenieur bearbeitet die Tragwerksteile, der Architekt den Rest (Kanalisation, Mauerwerk, Gerüst etc.). Auch die Bauleitung ist fein abgestimmt. Der Architekt ist in der Regel zuständig für die örtliche Bauleitung, der Bauingenieur führt ergänzend bei den meisten statischen Bauteilen die sogenannte Baukontrolle durch. Es gibt aber auch Bauteile wie Pfahlfundationen oder Baugrubenabschlüsse, wo der Bauingenieur allein für die Bauleitung zuständig ist.

Für Laien der Bauwirtschaft und somit für die meisten Bauherrschaften mag das verwirrend tönen. In der Praxis gibt es aber kaum jemals Probleme mit der Arbeitsaufteilung. Die Gebräuche der Zusammenarbeit sind den Beteiligten in vielen Jahrzehnten in Fleisch und Blut übergegangen.

 

  • Honorarfragen

Honorarverhandlungen mit Bauingenieuren gestalten sich meistens problemlos. Gemäss meinen Erfahrungen wissen diese Baufachleute sehr gut über ihre Kosten Bescheid. In kurzer Zeit können sie ein Angebot für Planungsleistungen ausarbeiten. Sofern nicht pauschale Honorare vereinbart werden, geht es wie bei den Architekten in erster Linie darum, den Schwierigkeitsgrad n in der Honorarformel festzulegen. In der SIA-Honorarordnung 103 gibt es dafür zwar eine Tabelle mit Richtwerten, aber diese ist eher noch weniger aussagekräftig als die entsprechende bei den Architekten. Tragwerke mit «einfacher» Struktur haben beispielsweise den Schwierigkeitsgrad 0.8, solche mit «normaler» Struktur kommen auf 1.0 (siehe nachfolgende Tabelle). Was in Worten ausgedrückt fast gleich tönt, ergibt einen Honorarunterschied von nicht weniger als 20%. Verhandlungen unter Marktbedingungen über den Schwierigkeitsgrad sind daher unerlässlich.

Bauingenieur als Spezialist
Schwierigkeitsgrade n (für Projekt und Baukontrolle) bei zwei ausgewählten Tragkonstruktionen im Hochbau (gemäss Art. 7.7 SIA 103; Text gekürzt)

Tragkonstruktionen mit einfacher Struktur
0.8
einfacher regelmässiger Grundriss bzw. Querschnitt, regelmässiger Stützenraster,
vertikal durchgehende Tragelemente,
häufige Wiederholung gleicher Tragelemente,
einfache Details
Tragkonstruktionen mit normaler Struktur
1.0
leicht differenzierter Grundriss bzw. Querschnitt,
vertikal durchgehende Haupttragelemente,
Wiederholung gleicher Tragelemente

Hinsichtlich des Leistungsumfangs sind zwischen Bauingenieur und Architekt in der Regel nur wenige Schnittstellen zu klären. In gewissen Fällen kann beispielsweise darüber diskutiert werden, ob eine Kanalisation anstelle vom Architekten durch den Bauingenieur geplant werden soll. Fachlich kommt es auf das gleiche heraus, nicht unbedingt aber honorarmässig: Ohne anderweitige Vereinbarungen dürfte es günstiger sein, den Architekten zu beauftragen.

B. Die Haustechnikplaner

Die Haustechnik setzt sich zusammen aus den elektrischen Installationen und den Installationen für HLS (Heizung, Lüftung, Sanitär). Je nach Gebäude ist der Anteil der Installationen und der damit verbundenen Planungshonorare unterschiedlich. Als grober Richtwert für normale Projekte kann angenommen werden, dass das Elektroplanerhonorar einerseits sowie die zusammengerechneten Honorare für Heizung / Lüftung / Sanitär andererseits je etwa fünf- bis zehnmal kleiner sind als das Architektenhonorar.

Alle Fachgebiete der Gebäudeinstallationen richten sich nach der gleichen Honorierungsgrundlage, der SIA-Ordnung 108. Der Leistungsbeschrieb dieser Ordnung ist universell für alle Installationen verwendbar. Je nach Fachgebiet leicht unterschiedlich ist jedoch die Gewichtung der Teilleistungen in der Leistungstabelle. Die Vorprojektphase hat beispielsweise bei der Lüftung mit einem Gewicht von 12% ein grösseres Gewicht als die Sanitärplanung mit 6%. Auch die Einstufung der Schwierigkeitsgrade muss bei einem gegebenen Gebäudetyp nicht für alle Fachgebiete zwangsläufig gleich sein (siehe Tabelle unten).

Nachträglich erschienen zur SIA-Ordnung 108 sind Ergänzungen zu Spezialgebieten, die allenfalls für Honorarfragen auch relevant sein können: SIA-Ordnung 180/1 «MSR-Technik und Gebäudeautomation» sowie SIA-Ordnung 111/3 «Besondere Fachkoordination für Gebäudeinstallationen» (siehe auch Absatz «Fachkoordination» im Abschnitt «Projektorganisation»).

Haustechnikplanung
Schwierigkeitsgrade n bei einigen ausgewählten Bauwerksarten (Normalfall)
(gemäss Art. 7.14 SIA 108)

Elektro Sanitär Heizung Lüftung*
Mehrfamilienhäuser (üblicher Ausbau)
0.7
0.7
0.7
0.7
Einfamilienhäuser (individuelle)
0.9
0.9
0.9
0.9
Maschinenindustrie
1.0
1.0
1.0
1.0
Chemische Industrie
1.3
1.2
1.2
1.4
* Hinweis: Lüftung inkl. Klima und Kälte

 

  • Reduzierter Leistungsumfang

Bei Vertragsverhandlungen wird recht häufig darüber diskutiert, den Leistungsanteil q der Haustechnik-Spezialisten zu reduzieren, von 100% auf beispielsweise 85%. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man dies erreichen kann. Es ist denkbar, dass auf die sogenannte Fachbauleitung der Spezialisten verzichtet wird und der örtliche Bauleiter des Architekten dieses Gebiet zusätzlich abdeckt. Man kann auch in Betracht ziehen, einer entsprechend fähigen Ausführungsunternehmung die Erstellung der Ausführungsunterlagen zu übertragen. Der Fachplaner schaut ihr bei diesem als «geführte Unternehmerplanung» bezeichneten Verfahren lediglich über die Schultern (siehe auch Beispiel 2 «Honorare im Kostentarif»). Bei der geführten Unternehmerplanung darf man aber nicht ausser acht lassen, dass damit zwar die Planerhonorare sinken, nicht notwendigerweise aber die gesamten Baukosten. Die Planungstätigkeiten verschwinden nicht, sie werden lediglich vom Planer zum Unternehmer verlagert.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Vertragsverhandlungen über reduzierte Leistungen der Haustechnikplaner vom Gesamtleiter durchgeführt werden müssen. Der nichtprofessionellen Bauherrschaft fehlen dazu schlicht die Kenntnisse.