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Der Baumarkt ist eine Dunkelkammer

Es fehlt in der Bauwirtschaft tatsächlich etwas: Transparenz. Die logische Folge ist, dass unter den Marktakteuren Behauptungen und Vermutungen dominieren. Transparenz fehlt nicht nur betreffend die Vorzüge der genannten Realisierungsmodelle, sondern ganz generell. Dem breiten Publikum ist beispielsweise meistens völlig unklar, wie die Leistungen der zahlreichen Architekten einzustufen sind, die ihre Dienste anbieten. Da den Akteuren die Übersicht fehlt, ist der Markt nicht «effizient», wie die Ökonomen sagen.

Viele andere Märkte sind ausgesprochen transparent

Ein guter Markt zeichnet sich dadurch aus, dass er transparent ist für die Nachfrager. Bei einem Gemüsemarkt beispielsweise trifft dies zu. Wer einmal quer durch den Markt in der Stadt Bern schlendert, weiss, wo die besten und günstigsten Rüebli zu kaufen sind.

Auch bei komplizierteren Produkten als Rüebli kann Transparenz geschaffen werden. Ein gutes Beispiel ist die Finanzindustrie. In dieser Branche werden die Anbieter und ihre Produkte laufend beurteilt, und zwar gleich von mehreren unabhängigen Institutionen. Ganze Banken oder einzelne Anleihen bekommen ein sogenanntes Rating. Die Bezeichnung AAA beispielsweise bedeutet für eine Bank ein Top-Rating.

Speziell interessant ist die Beurteilung von Anlagefonds. Diese können, ähnlich wie die Tätigkeit von Architekten, als hochwertige Dienstleistungen für Kunden betrachtet werden. Es gilt, mit viel Wissen, aufwendigen technischen Hilfsmitteln und einer gehörigen Portion an Kreativität und Intuition, für den Anleger die beste Rentabilität («Performance») herauszuholen. Die Performance wird von unabhängigen Agenturen (Standard & Poors, Micropal etc.) periodisch gemessen. Diese neutralen und objektiven Informationen sind sehr nützlich für den Markt.

 

Aktienfonds Schweiz; Performance 5 Jahre (28.2.92 bis 29.2.96)

Vontobel Swiss Equity
122.7 %
SBC 100 Index-Fund (SBV)
119.8 %
SwissValor (SBV)
116.7 %
Swissbar (Bär)
96.5 %
Swiss Equity (Rothschild)
66.4 %
Gesti CH (Gotthard)
46.3 %

Quelle: Bopp ISB, in: Magazin «Invest», Finanz und Wirtschaft, Zürich, April 1996

 

Wo gibt es ähnliches in der Bauwirtschaft? Welches sind die Rating-Agenturen? Wo sind die Kosten-Nutzen-Analysen von Bauwerken? Wer beurteilt die Leistungsfähigkeit von Planern, und sei es auch nur grob? Wieso gibt es nicht einmal für derart häufige Bauvorhaben wie Einfamilienhäuser neutrale Marktberichte, die diesen Namen verdienen?

Geheimniskrämerische Bauwirtschaft

Vielerorts herrscht noble Zurückhaltung, wenn es beim Bauen um die «Performance» geht. Etwas ketzerisch darf man sich sogar die Frage stellen, ob die eigentlichen Geschäftsgeheimnisse im Bauwesen nicht der ganze Bereich der Kosten seien. Eine der grössten Firmen im schweizerischen Baumarkt beispielsweise hat vor nicht allzu langer Zeit Kostenschätzungen von Bauprojekten, die mit der Elementmethode durchgeführt worden sind, als «geheim» klassifiziert. Nicht einmal Kunden haben die Details sehen dürfen.

Es gibt bezeichnenderweise auch keine umfassende Sammlung von Kostenkennwerten von ausgeführten Bauwerken. Diese Angaben würden sich gut als Messlatte («Benchmark») eignen für neue Projekte. An derartigen Vorgaben könnten sich Planer und ihre Bauherren orientieren. Leider unternimmt die öffentliche Hand als die grösste Bauherrin in der Schweiz diesbezüglich auch nicht viel. Sie hätte es in der Hand, ein Gerüst von Kostenanalysen von Referenzobjekten zu publizieren. Das wäre zweifellos nützlich für die ganze Bauwirtschaft.

Fehlende Transparenz ist für jeden Markt schädlich. Für die Bauwirtschaft wirkt sie sich in mehrfacher Hinsicht negativ aus. Nachteilig ist sie insbesondere für die grosse Mehrheit der Bauherren, weil sie die Marktpreise für Bauleistungen nur sehr ungenau kennen. Dies kann unter Umständen erhöhte Baukosten zur Folge haben. Ungünstig ist sie aber auch für einen Teil der Planer, insbesondere für die besonders kostenbewussten. Weil das breite Publikum die Leistungsfähigkeit der Planer auf dem Gebiet der Kosten nur unzureichend beurteilen kann, können sich kompetente Fachleute kaum profilieren. Die Inkompetenten dagegen können sich sehr gut im Dickicht des Marktes verstecken.

Eine nützliche Orientierungshilfe für Baulustige wären Kosten-Nutzen-Analysen von realisierten Bauprojekten. Eines der wenigen guten Beispiele, die es auf diesem Gebiet gibt, betrachten wir nachfolgend näher.