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Aussagen von Marktakteuren

Zuerst befassen wir uns mit einigen Aussagen von Marktakteuren. Wir beginnen mit den Protagonisten, den Generalunternehmern. Dann hören wir Marktakteuren zu, die ihnen gegenüber eher skeptisch eingestellt sind. Am Schluss leihen wir unser Ohr noch einigen Warnern, die zwar mit Generalunternehmern Erfahrungen gemacht haben, mit ihnen aber nicht restlos zufrieden gewesen sind.

A. Argumente der Generalunternehmer

Die Generalunternehmer haben eine eingängige Formel, mit der sie ihre Vorzüge beschreiben. Sie sprechen von den drei klassischen Garantien, die sie dem Bauherrn bieten: der Preis-, der Termin- und der Qualitätsgarantie.

  • Preisgarantie

Weitaus am wichtigsten ist für den Gelegenheitsbauherrn von diesen Garantien vermutlich die Preisgarantie. Sie ist der wichtigste Grund überhaupt, sich im Hinblick auf die Realisierung eines Bauvorhabens mit dem Generalunternehmermodell zu befassen. Da er mitbekommt, dass das Bauen nicht selten mit Kostenüberschreitungen verbunden ist, die unter Umständen für den Investor Existenz bedrohend sein können, beschäftigt er sich dankbar mit einem Realisierungsmodell, das einen garantierten Preis verspricht.

  • Termingarantie

Dem Bauwilligen leuchtet auch das zweite Argument der Generalunternehmer ein, der garantierte Termin. Allerdings dürfte diese Risikoübernahme für die meisten weniger wichtig sein als die Preisgarantie.

  • Qualitätsgarantie

Mit der dritten Garantie schliesslich, der Qualitätsgarantie, vermögen vermutlich nicht alle Interessierten viel anzufangen. Welche Qualität ist hier überhaupt gemeint? Ist von der Qualität der architektonischen Gestaltung die Rede? Bringt man sich also beim Bauen mit einem Generalunternehmer in eine günstige Ausgangslage, damit das Bauwerk einen Architekturpreis bekommt oder in renommierten Fachzeitschriften besprochen wird? – Oder geht es doch eher um die Qualität im Sinne der Vermeidung von Bauschäden? Ist beim Bauen mit einem Generalunternehmer also mit grösserer Wahrscheinlichkeit gewährleistet, dass das Flachdach dicht ist und für die Konstruktion solide Materialien verwendet werden?

B. Skeptische Töne von Marktakteuren

Es haben nicht alle Marktteilnehmer im Bauwesen Freude an den Generalunternehmern. Viele Architekten beispielsweise sind traditionell skeptisch, wenn Generalunternehmer die Bauausführung besorgen. Aus ihrer Sicht kann nicht mit der gleich hohen gestalterischen Qualität gerechnet werden, wie wenn sie selber für die Bauausführung zuständig wären. Sie behaupten, dass einzelne der von Generalunternehmern ausgeführten Gebäude in gestalterischer Hinsicht wenig befriedigend seien. Die Baukultur werde hier dem unsensiblen Sparen um jeden Preis geopfert.

  • Umkämpfte Bauleitung

Einige Architekten haben neben fachlichen auch kommerzielle Gründe, um negativ den Generalunternehmern gegenüber eingestellt zu sein. Sie sind nämlich Konkurrenten für einen grossen Teil des potentiellen Auftragsvolumens. Vor allem die Universalarchitekten, die neben der Projektierung ebenfalls die Bauleitung und das Kostenwesen anbieten, laufen Gefahr, bis zur Hälfte des Honorarvolumens an die Generalunternehmer zu verlieren. Mit dem Kostengarantievertrag SIA streben die Architekten einen höheren Marktanteil bei der Bauausführung an. Aus ihrer Sicht werden mit dem neuen Modell aber nicht nur die Kosten gesichert, sondern auch die architektonische Qualität. Näheres dazu siehe Kapitel «Kostengarantievertrag SIA».

  • Skepsis der öffentlichen Hand

Auch von öffentlichen Bauherren vernimmt man gelegentlich eher skeptische Töne, was Generalunternehmer anbelangt. Ein etwas missglücktes neueres öffentliches Bauprojekt werden wir später genauer anschauen, den Neubau der Frauenklinik Bern (1998–2002). Im Zusammenhang mit diesem Bau hat die damals oberste politische Projektverantwortliche davon gesprochen, dass bei derartigen Projekten «Generalunternehmungen (...) überfordert sind» (Näheres dazu siehe hier).

Noch grösser ist die Skepsis von öffentlichen Bauherrschaften gegenüber Generalunternehmern, wenn diese nicht nur die Bauausführung besorgen, sondern auch in die Projektierung eingebunden sind. Diese Vorbehalte sind beispielsweise anlässlich eines Kolloquiums des SIA über grundlegende Fragen des Wettbewerbswesens vom 15. September 2009 in Flims zum Ausdruck gekommen.

Zurückhaltend zu Generalunternehmern / Totalunternehmern (GU/TU) hat sich dabei etwa die Präsidentin der Konferenz der Schweizer Kantonsbaumeister- und Kantonsarchitekten (KBCH) geäussert, Marie-Theres Caratsch, Leiterin des Hochbauamtes des Kantons Basel-Landschaft. Ihre Aussagen werden wie folgt zusammengefasst: «Eine weitergehende Etablierung des Modells GU/TU erachtet sie als unwahrscheinlich, da die damit erzielten Ergebnisse bisher unbefriedigend sind» (Quelle: TEC 21 Nr. 41/2009; Seite 34; Artikel «Debatte zum Wettbewerbswesen»). Im gleichen Artikel findet sich auch die Meinung eines weiteren Teilnehmers der Veranstaltung zu lesen, der noch eine Spur skeptischer ist: «Die Drohung, dass die Öffentlichkeit keine guten Bauwerke mehr erhält, ist für ihn mit dem Modell GU/TU real geworden. Seiner Ansicht nach kann die öffentliche Hand einen Durchbruch des GU/TU-Modells nicht verantworten».

C. Argumente der (angeblichen) Insider des Generalunternehmermodells

Negativ gefärbte Stellungnahmen zum Generalunternehmermodell hört man auch von (privaten) Bauherren, die bereits mit Generalunternehmern gebaut haben und mit diesem Verfahren nicht restlos zufrieden gewesen sind. Von ihnen vernimmt man etwa, dass man als Bauherr keinen Einblick in das Kostengefüge habe und kaum etwas mitbestimmen dürfe. Andere warnen davor, dass es nicht empfehlenswert sei, nach Vertragsabschluss noch etwas ändern zu wollen, da dies unverhältnismässig kompliziert und teuer sei.

Diese Argumente sind für unsere Betrachtungen zur Praxis des Generalunternehmergeschäfts ausgesprochen interessant, und wir werden uns im ganzen Teil 2 intensiv mit ihnen beschäftigen.