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Bonus für kostenbewusste Bauausführung

Mit dem Beginn der Bauausführung hat die Bauherrschaft die letzte Gelegenheit, den Architekten und allenfalls weitere Planer im Hinblick auf eine kostenbewusste Bauausführung verstärkt zu motivieren. Ein wirksames Instrument dafür ist ein Zusatz zum Planungsvertrag in Form einer Bonusregelung. Diese bewirkt, dass der Planer finanziell davon profitieren kann, wenn eine festgelegte Messgrösse (meistens der Kostenvoranschlag) bei der Bauabrechnung unterschritten wird.

Grundidee

Die Grundidee beim Bonussystem liegt darin, dass der Planer von Einsparungen während der Bauausführung in einer angemessenen Form profitiert. In der Theorie ist das ein bestechender Ansatz, der allerdings in der Praxis nicht immer ganz einfach umzusetzen ist. Einige Fachleute sind sogar der Ansicht, dass nicht sachkundige Bauherrschaften besser die Finger davon lassen sollten. Das Problem ist nämlich, dass es für dieses Modell keine Vorlagen gibt: keinen Mustervertrag, keine SIA-Norm, keine SIA-Unterstützung, rein gar nichts. Man bewegt sich sozusagen in freier Wildbahn.

Für sachkundige (oder sachkundig beratene) Bauherren jedoch ist das Bonussystem ein sehr effizientes Mittel, mit dem sich die Baukosten in erheblichem Ausmass beeinflussen lassen. Persönlich habe ich damit ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht. Richtig angewendet, wird es nicht nur vom Auftraggeber, sondern auch von den beauftragten Planern geschätzt.

Grundfragen des Bonussystems

Bei einem Bonussystem müssen eine ganze Reihe von Fragen seriös geklärt werden. Zuerst legt man fest, welche Planer in das System eingebunden werden sollen. Oft ist es nur der Architekt. Daneben bietet sich in erster Linie der Bauingenieur an, seltener die Haustechnikplaner.

  • Bonusberechtigte Summe festlegen

Die für den Bonus massgebende Summe muss für jeden Planer separat festgelegt werden. Darunter versteht man die Positionen aus dem Kostenvoranschlag (KV), welche für die Ermittlung des Bonus herangezogen werden sollen. In der Regel sind es diejenigen Positionen, die vom entsprechenden Planer auch beeinflussbar sind. Beim Architekten trifft dies auf einen grossen Teil der Positionen des Kostenvoranschlags zu. Nicht berücksichtigt werden meistens die Baunebenkosten und (natürlich) die Honorare selber, gelegentlich auch die Haustechnik, einzelne Vorbereitungsarbeiten oder gewisse Betriebseinrichtungen. Die bonusrelevante Summe ist beim Architekten somit oft kleiner als die aufwandbestimmenden Baukosten B.

Beim Bauingenieur stimmen bonusberechtigte Summe und aufwandbestimmende Baukosten B häufig überein. Aber Achtung: Es handelt sich hier um die aufwandbestimmenden Baukosten B des Bauingenieurs, welche deutlich kleiner sind als diejenigen des Architekten.

Siehe dazu auch die nachfolgenden Ausführungen zum Thema «Aspekte der Aktualisierung der bonusrelevanten Summe» (siehe weiter unten), die ebenfalls ein anschauliches Beispiel enthalten.

  • Einsparungen definieren

Es ist ferner zu definieren, was eine Einsparung ist. Diese Frage muss sorgfältig erörtert werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Eine Einsparung liegt dann vor, wenn ein hinreichend definiertes Ausführungsprojekt im Vergleich zum Kostenvoranschlag günstiger ausgeführt werden kann. Der Baubeschrieb, mit dem die Qualitätsmerkmale des Bauwerks definiert werden, muss also eingehalten werden.

Keinen Einfluss auf den Bonus haben Projektänderungen, die von der Bauherrschaft angeordnet werden. Eine Minderbestellung der Bauherrschaft ist keine Einsparung im Sinne des Bonussystems für Bauplaner. Umgekehrt schmälert eine Mehrbestellung der Bauherrschaft den Bonus des Bauplaners nicht.

  • Bonusrelevante Summe aktualisieren

Bonussysteme erfordern eine spezielle Buchhaltung, da der Kostenvoranschlag und insbesondere die bonusrelevante Summe aktualisiert werden müssen. Grund dafür sind Mehr- und Minderbestellungen der Bauherrschaft, die es immer gibt. Diese Buchhaltung kann in Form von laufend nachgeführten Mutationsprotokollen erfolgen, es ist aber auch eine einmalige Nachführung zum Zeitpunkt der Bauabrechnung möglich. Die Variante mit der laufenden Nachführung ist an und für sich zu bevorzugen. In der Praxis scheitert sie allerdings oft an der Disziplin, die damit verbunden wäre, weshalb man die bonusrelevante Summe meistens erst bei der Abrechnung aktualisiert.

  • Bonusprinzip mit Beispielen veranschaulichen

Es ist unerlässlich, dass alle Betroffenen das Bonussystem genau verstehen. Ein profundes Verständnis lässt sich im Allgemeinen mit anschaulichen und realitätsnahen Beispielen erreichen. Aus ihnen soll klar hervorgehen, wie mit Mehr- und Minderleistungen umgegangen und am Schluss der Bonus ermittelt wird.

Aus Erfahrung empfehle ich, in das Modell nicht zu viele Finessen einzubauen, weil sonst die Anschaulichkeit schnell leidet. Als Finesse betrachte ich beispielsweise die Detailvereinbarung, dass Rabatte, welche die Bauherrschaft im Verlauf der Vertragsverhandlungen mit den Werkunternehmern erzielt, für die Planer nicht bonusrelevant sind.

  • Verteilschlüssel festlegen

Eine letzte Frage, die beim Bonussystem zu klären ist, betrifft die Ausgestaltung des Verteilschlüssels: Welcher Anteil der Kostenunterschreitung kommt den Planern zugute? Meines Erachtens soll der Sparanreiz für sie relativ gross sein, sonst verzichtet man besser auf die aufwendige Übung. Der Bonusanteil pro Planer kann durchaus 20% der eingesparten Summe betragen. Im Gegenzug ist es zulässig, das (pauschale) Basishonorar etwas knapp anzusetzen.

Aspekte der Aktualisierung der bonusrelevanten Summe

Anhand des nachfolgenden Beispiels wird gezeigt, wie die bonusrelevante Summe aufgrund von Projektänderungen aktualisiert wird. Bei der Mutation Nr. 1 (Mehrbestellung der Bauherrschaft) geht es um den Einbau eines leistungsfähigeren Aufzugs in ein Industriegebäude. Er ist elektromechanisch statt hydraulisch, weist eine höhere Geschwindigkeit auf und verfügt über eine grössere Kabine. Die Mehrkosten betragen allein beim Lift 24 000 Fr. Zusätzlich gibt es Mehrkosten von 9 400 Fr. bei den Baumeisterarbeiten.

Durch die Projektänderung Nr. 1 steigt die bonusrelevante Bausumme des Architekten von ursprünglich 7 069 000 Fr. um 33 400 Fr. auf neu 7 102 400 Fr. an, denn bei ihm sind sowohl der Aufzug wie die Baumeisterarbeiten bonusrelevant. Anders ist es beim Bauingenieur, wo nur die Betonarbeiten bonusrelevant sind, nicht jedoch der Aufzug und die Maurerarbeiten. Hier steigt aufgrund der Mutation Nr. 1 seine bonusrelevante Bausumme von 3 030 300 Fr. um 7 400 Fr. auf 3 037 700 Fr. an.

Planerhonorare mit Bonus
Beispiel eines Mutationsprotokolls bei Projektänderungen

Beispiel einer Einsparung

Anhand eines konkreten Beispiels will ich erläutern, auf welche Weise das Architekturbüro eine grosse Einsparung erzielen kann. Es geht um die Fassade eines Industriegebäudes. Die Grundanforderungen an die Fassade sind im Vorfeld der Baueingabe bestimmt worden (Wärmedämmung, Fenstereinteilung, Anzahl der zu öffnenden Fenster etc.) und im Baubeschrieb dokumentiert. Noch offen jedoch ist die Konstruktion der Fassade. Hier möchte man dem Architekturbüro bewusst einen Spielraum lassen.

Die Architekten nutzen die Chance und holen im Markt Offerten für zwei ganz unterschiedliche Konstruktionssysteme ein: die Rahmenbauweise und die Pfosten-Riegel-Konstruktion. Das Resultat ist erstaunlich: Die zweite Konstruktionsart ist eine halbe Million Fr. günstiger als die erste, obwohl Richtofferten zu einem früheren Zeitpunkt eher darauf hingedeutet haben, dass die erste günstiger sei. Die Kreativität des Architekturbüros im Hinblick auf das Abtasten des Marktes wird somit belohnt. Da sein Bonusanteil 20% beträgt, erhält es allein aufgrund der Einsparungen bei der Fassade einen Betrag von rund 100 000 Fr. Dafür hat es aber auch etwas geleistet: Es hat beide Konstruktionssysteme parallel im Markt ausgeschrieben sowie diverse Werk- und Detailpläne abgeändert oder neu gezeichnet. – Das Beispiel zeigt, dass erhebliche Kosteneinsparungen oft nicht ohne planerischen Mehraufwand möglich sind. Dieser wird aber durch den Bonus abgegolten.

  • Auch kleine Einsparungen zählen

Es sind jedoch keineswegs nur grosse Einzeleinsparungen, die zu günstigeren Baukosten beitragen. Genauso wichtig ist eine disziplinierte Haltung der Planer in allen Phasen der Bauausführung, sei es Ausschreibung, örtliche Bauleitung oder Abrechnung. Viele kleine und mittlere Einzelmassnahmen (Abwendung von nicht gerechtfertigten Forderungen von Werkunternehmern; Vermeidung von Regiearbeiten; gute Rechnungskontrolle etc.) ergeben zusammen auch eine grosse Einsparung.

Prinzip der Abrechnung

Das Grundprinzip der Abrechnung von Planerhonoraren mit Bonus ist nachfolgend dargestellt, gezeigt am Beispiel des Architektenhonorars. Im konkreten Fall ist der Bonusanteil des Planers auf 20% festgelegt worden.

Aufgrund einer Reihe von bauherrenseitigen Projektänderungen, die mit Mutationsprotokollen belegt sind, steigt die bonusrelevante Summe von ursprünglich 7 069 000 Fr. um 4.4% auf 7 380 500 Fr. an. Dieser Summe wird die Schlussabrechnung der bonusrelevanten Positionen gegenübergestellt, welche 7 018 400 Fr. beträgt. Der Architekt hat also auf den Positionen, die er beeinflussen kann (bonusrelevante Positionen), eine Kosteneinsparung von 362 100 Fr. erreicht. Davon erhält er 20%, was 72 420 Fr. ergibt. Sein Honorar steigt dadurch von 510 000 Fr. auf 582 420 Fr.

Architektenhonorar mit Bonus – Beispiel einer Honorarabrechnung

Alle Angaben in Fr.

Anpassung des Basishonorars aufgrund von Projektänderungen

Im Beispiel oben gibt es bauherrenseitig veranlasste Projektänderungen (Mehrbestellungen) im Umfang von 311 500 Fr., was rund 4.4% der ursprünglichen bonusrelevanten Bausumme ausmacht. Es stellt sich nun die Frage, ob das (pauschale) Basishonorar aufgrund der Projektänderungen erhöht werden soll. Im konkreten Beispiel ist vereinbart worden, dass auf eine Erhöhung des Basishonorars verzichtet wird, solange die kumulierten Mehrbestellungen weniger als 5% der bonusrelevanten Bausumme ausmachen. Erst wenn die Mehrbestellungen den Schwellenwert von 5% überschreiten, wird das Basishonorar erhöht.

Man kann sich allerdings auch eine Regelung vorstellen, bei der für jede Projektänderung ein Honorarzuschlag bezahlt wird, ähnlich wie beim Generalunternehmermodell. Näheres dazu siehe Absatz «Änderungswünsche des Bauherrn» im Kapitel 8.