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Vom Vorprojekt zur Baueingabe

Im Folgenden betrachten wir die typischen Tätigkeiten des Bauplanungsteams in der Hauptphase der Bauplanung (Phase 3 «Projektierung») näher. Wir halten uns dabei an die oben angesprochene SIA-Honorarordnung 102 (Architekten; Ausgabe 2003). Auf verwandte andere Ordnungen, welche die parallel dazu ablaufenden Tätigkeiten der Fachplaner (Planer für Statik und Gebäudetechnik) regeln, gehen wir nicht ein.

Teilphase 4.31: Vorprojekt

Die Teilphase Vorprojekt beinhaltet den besonders kreativen Teil der Planung. Das Pflichtenheft (Raumprogramm) wird in einem anspruchsvollen Prozess in eine bauliche Lösung in Rohfassung umgesetzt. Unter der Leitung des Architekten ist das ganze Planungsteam daran beteiligt.

  • Studium von Lösungsmöglichkeiten und Grobschätzung der Baukosten

Bei diesem ersten Leistungsbereich macht sich der Architekt mit den Absichten des Auftraggebers vertraut und sammelt die notwendigen Arbeitsunterlagen (Raumprogramm etc.). Er schätzt grob ab, ob das gewünschte Programm auf dem vorgesehenen Grundstück realisierbar ist. Dabei berücksichtigt er Randbedingungen aller Art (Gesetze, Servitute etc.). Im Weiteren schlägt er dem Auftraggeber vor, welche zusätzlichen Planer beigezogen werden sollen (Bauingenieur, Gebäudetechnikplaner etc.).

Das Pflichtenheft ist die Vorgabe der Bauherrschaft für die Projektentwicklung. Seine Erarbeitung ist keine Grundleistung des Architekten. Er ist zu entschädigen, wenn er an Teilen davon mitarbeitet (Raumprogramm, Investitionsrechnungen, Betriebsanalysen, Machbarkeitsstudien, Marktabklärungen und dergleichen mehr). Oft geschieht diese zusätzliche Beauftragung im Rahmen der vorausgehenden Phasen 1 «Strategische Planung» oder 2 «Vorstudien». – Gelände- und Gebäudeaufnahmen sind ebenfalls nicht in den Grundleistungen des Architekten enthalten und sind als besonders zu vereinbarende Leistungen zusätzlich zu entschädigen. Der entsprechende Arbeitsumfang kann erheblich sein.

Nach dem Vorliegen der Projektvorgaben macht sich der Architekt daran, verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu prüfen und sich allmählich an das beste Konzept heranzutasten. Einzelne Varianten werden in Skizzenform aufgezeichnet. Früher waren die wichtigsten Arbeitsinstrumente dafür transparentes Skizzenpapier und weiche, dicke Bleistifte. Heute werden oft schon erste Skizzen direkt am Computer gezeichnet. – Möglicherweise wird auch ein Arbeitsmodell erstellt, beispielsweise mit Plastilin oder Karton.

Für die Baukosten der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten wird nur die Grössenordnung geschätzt. Die zulässige Schwankungsbreite der Kostenaussage wird in der Honorarordnung (Art. 4.31 SIA 102) nicht explizit angegeben, die Ungenauigkeit kann daher +/–25% und mehr betragen. Basis der Kostenermittlung sind meistens kubische Berechnungen oder Flächenberechnungen, die nach den einschlägigen SIA-Normen erstellt werden.

Wenn sich Architekt und Bauherrschaft auf eine Lösungsmöglichkeit einigen können, wird der nächste Leistungsbereich in Angriff genommen: das Vorprojekt.

  • Vorprojekt und Kostenschätzung

Im Rahmen dieses nun folgenden Leistungsbereichs wird die ausgewählte skizzenartige Lösungsmöglichkeit zu einem vollständigen Vorprojekt weiter ausgearbeitet. Der Architekt berücksichtigt dabei die Vorschläge der beigezogenen Fachplaner und Berater sowie die behördlichen Auflagen. Der Massstab der Pläne wird nicht angegeben, üblich sind jedoch 1:200 oder 1:100. Erstellt wird auch ein Konstruktions- und Materialkonzept.

Nun werden noch die Unterlagen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Vorprojekts bereitgestellt. Der Genauigkeitsgrad der Kostenaussage beträgt +/–15%, sofern nicht eine andere Vereinbarung getroffen wird. Analog dem Kostenvoranschlag, den wir später im Detail behandeln werden (siehe Abschnitt «Kostenvoranschlag»), können die Kosten grundsätzlich nach zwei verschiedenen Methoden gegliedert werden. Es gibt die arbeitsgattungsbezogene (traditionelle) und die elementbasierte Version. Im Vergleich zum Kostenvoranschlag ist aber beim Vorprojekt die Gliederung gröber. Bei der arbeitsgattungsbezogenen Arbeitsweise werden die Baukosten beispielsweise nach Hauptgruppen des entsprechenden Baukostenplans (BKP 2001) angegeben.

In den Grundleistungen enthalten ist ferner das Aufstellen eines generellen Zeitplanes für das Bauvorhaben. Zu den besonders zu vereinbarenden Leistungen gehören weitergehende Kostenberechnungen, insbesondere der Vergleich der Baukosten von Varianten.

Teilphase 4.32: Bauprojekt

Während der Teilphase Bauprojekt wird das Vorprojekt zu einem bewilligungsfähigen Baueingabeprojekt weiterentwickelt. Diese Teilphase der Verfeinerung beinhaltet im Gegensatz zum Vorprojekt vermehrt auch eher routinemässige Tätigkeiten.

  • Bauprojekt

Die Teilphase Bauprojekt ist recht umfangreich und beinhaltet mit 13% einen erheblichen Anteil der gesamten Architektenleistung. Das wichtigste Resultat ist ein fertiger Plansatz, der als Grundlage für das Baugesuch verwendet werden kann. Der Massstab wird nicht angegeben, häufig ist jedoch von den Behörden 1:100 vorgeschrieben.

Am Bauprojekt wirken alle beteiligten Planer mit. Der Architekt koordiniert als Gesamtleiter deren Tätigkeit und berücksichtigt ihre Vorschläge im Projekt. Zusammen mit den Gebäudetechnikplanern werden beispielsweise Lage und Grösse von technischen Zentralen festgelegt. Die Zusammenarbeit kann aber weit über solche elementare Fragen hinausgehen. So ist es denkbar, dass eine energetisch optimierte Fassade von Architekt, Gebäudetechnikplaner und Fassadenplaner gemeinsam geplant wird.

Der Bauingenieur ist ein weiterer Fachplaner, der das Bauprojekt wesentlich mitprägt. Er entwirft das Tragwerk und ermittelt dessen ungefähre Dimensionen. Dadurch können beispielsweise die Höhe von Unterzügen in Betondecken oder die Lage von Aussteifungen in Stahltragwerken bereits im Bauprojekt angegeben werden.

Nicht vergessen darf man die diversen Behörden und technischen Amtsstellen, die ebenfalls Einfluss nehmen auf das Bauprojekt. Auch sie muss der Architekt koordinieren. Ihre Forderungen können auf den verschiedensten Gebieten (Brandschutz, Fabrikgesetz, Parkplätze, Gebäudeisolation etc.) ausgesprochen einschneidend sein.

Bei einer weiteren Tätigkeit geht es um das Konstruktions- und Materialkonzept. Eine erste Fassung dazu gibt es bereits aus der Teilphase 4.31 «Vorprojekt» (Leistungsbereich Vorprojekt und Kostenschätzung). Nun wird es in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und den anderen Planern präzisiert.

  • Detailstudien

Dieser Leistungsbereich ist eine wichtige Vorstufe für den anschliessenden Kostenvoranschlag. Sie beinhaltet das Festlegen von Qualitäten und Materialien aller Art in Absprache mit dem Auftraggeber. Für wichtige Bauteile werden skizzenhafte Detailpläne erstellt, aus denen die technische und architektonische Lösung hervorgeht.

Ein unscheinbares, aber typisches Beispiel einer Detailskizze kann die Dachrinne bei einem konventionellen Satteldach betreffen. Die Einzelheiten der Konstruktion zeigen sich erst in einer recht grossen Schnittzeichnung (Massstab 1:1 oder 1:5). Aus ihr geht etwa hervor, wie die Unterkonstruktion des Zimmermanns beschaffen sein muss, wie die Rinne befestigt wird und welche Abwicklung die verwendeten Bleche haben. Derartige Informationen sind nötig, um beispielsweise die Kosten der Spenglerarbeiten zuverlässig ermitteln zu können.

Als besonders zu vereinbarende Leistung gilt das Erstellen eines detaillierten Material- und Konstruktionsbeschriebs (beispielsweise in Form von Raumblättern) als Arbeitsunterlage für Dritte. Zum ersten Mal wird mit diesem speziellen Beschrieb ein Dokument erwähnt, das für eine Generalunternehmersubmission verwendet werden kann. Die definitive Version davon ist später in der Teilphase 4.41 «Ausschreibung, Offertvergleich, Vergabeantrag» aufgeführt (ebenfalls als besonders zu vereinbarende Leistung).

  • Kostenvoranschlag

Im Leistungsbereich des Kostenvoranschlags wird eine solide Grundlage für die Beurteilung der Kosten geschaffen. Der Kostenvoranschlag basiert auf einer detaillierten Beschreibung der vorgesehenen Arbeiten und Lieferungen (oft als Baubeschrieb bezeichnet). Für alle wesentlichen Positionen werden die benötigten Mengen (Vorausmasse) ermittelt.

Betrachten wir dazu nochmals das oben angeführte Beispiel mit der Dachrinne. Massgebend für den Preis der Rinne ist zunächst das gewählte Material, beispielsweise Kupfer. Der Preis ergibt sich aus der Länge der Rinne (dem Ausmass) und dem geschätzten Einheitspreis (in Fr. pro Laufmeter) für die vorgesehene Ausführungsart. Dazu kommen noch Zuschläge, etwa für den seitlichen Abschluss.

Der Architekt kann vermutlich nicht bei allen Positionen die Preise selber genügend genau abschätzen. In diesen recht häufigen Fällen holt er bei Unternehmern und Lieferanten Richtofferten ein.

Der Kostenvoranschlag ist meistens nach dem traditionellen Baukostenplan (BKP 2001) gegliedert. Es handelt sich dabei um eine Gliederung nach Arbeitsgattungen (Näheres siehe hier). Seit der Revision der SIA-Honorarordnungen 102 ff. im Jahre 2001 (eine weitere Revision hat es im Jahr 2003 gegeben) wird auch die Elementmethode (Näheres siehe hier) als Gliederungsmöglichkeit genannt. Hier werden die Kosten nach Bauelementen wie Wänden, Decken, Fenstern und dergleichen gegliedert, nicht aber nach Arbeitsgattungen. Seit dem Jahr 2009 verwendet man dazu den elementbasierten Baukostenplan eBKP. Er ist letztmals im Jahre 2012 revidiert worden und trägt daher die volle Bezeichnung eBKP-H 2012 (H steht für Hochbau).

Der Genauigkeitsgrad ist im Kostenvoranschlag zu nennen und beträgt mangels besonderer Vereinbarung +/–10%. Beträge für Unvorhergesehenes sind separat auszuweisen. Im Kostenvoranschlag berücksichtigt sind die (Teil)-Kostenvoranschläge aller Spezialisten (beispielsweise des Bauingenieurs oder der Gebäudetechnikplaner).

In den Grundleistungen enthalten ist das Nachführen des generellen Zeitplanes für das Bauvorhaben. Als besonders zu vereinbarende Leistungen gelten jedoch unter anderem Schätzungen von Betriebs- und Unterhaltskosten sowie Baukostenvergleiche von grundsätzlich verschiedenen Konstruktionsarten.

Angesichts des grossen Arbeitsumfangs zur Erstellung eines soliden Kostenvoranschlags erscheint der Anteil von 4% an der gesamten Architektenleistung bescheiden.

Teilphase 4.33: Bewilligungsverfahren

Ziel dieser kleinen Teilphase ist das Erlangen der Baubewilligung. Sie beinhaltet das Zusammenstellen des kompletten Dossiers, das für die Eingabe nötig ist (mit Plänen, Formularen, Berechnungen etc.). Darunter fallen unterschiedliche Detailgesuche, etwa für Öltanks, Lifte oder Betriebseinrichtungen. Gesuche, die von den Spezialisten (Fachplanern) eingereicht werden, koordiniert der Architekt. Ausserdem gehören Verhandlungen mit Behörden einschliesslich Projektanpassungen aufgrund von behördlichen Anforderungen in diese Teilphase (nicht enthalten ist jedoch eine grundsätzliche Überarbeitung).

Nicht in den Grundleistungen eingeschlossen und somit besonders zu vereinbaren sind in dieser Teilphase eine ganze Reihe von Tätigkeiten (Subventionseingaben, Lärmschutzgutachten, Umweltverträglichkeitsbericht, Mitwirkung bei der Behandlung von Einsprachen, etc.).