Buchanfang | Inhaltsverzeichnis | Kurzbeschreibung | Reaktionen | Buch bestellen Startseite Bücher

Startseite
Bauherrenberatung
Referenzprojekte
Spontanberatung
Kontakt
Bauinfos / Links
<< eigene Bücher

Gliederung der Planungsleistungen

Wie können die Planungsleistungen, welche das Bauplanungsgewerbe im Rahmen eines Bauvorhabens üblicherweise erbringt, gegliedert werden? Die Instrumente dazu werden von einem wichtigen baubezogenen Berufsverband in der Schweiz bereitgestellt, dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA. Es handelt sich dabei um die sogenannten Leistungs- und Honorarordnungen (abgekürzt meistens nur als Honorarordnungen bezeichnet). Historisch ist der SIA wesentlich mehr als bloss ein Berufsverband, nämlich eine grosse Dienstleistungsorganisation für die gesamte Baubranche. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist das Schaffen von Normen, wovon die Honorarordnungen nur ein kleiner Teil sind, dafür ein überaus bedeutender. Die Honorarordnungen regeln nämlich nicht nur die Honorare der Bauplaner (was auch nicht unwichtig ist), sondern legen die Grundstruktur des gesamten Bauplanungsgeschehens fest.

Die Normen und Ordnungen des SIA als Mass aller Dinge

Eine Beschreibung des Bauwesens in der Schweiz ist kaum möglich ohne Bezug auf die Normierungstätigkeit des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA. Die SIA-Normen und insbesondere die SIA-Honorarordnungen geben dem Bauwesen unseres Landes seine einheitliche Struktur.

Dank der SIA-Honorarordnungen ist weitgehend standardisiert, wie bei uns Bauprojekte ablaufen und welche Begriffe dabei verwendet werden. Aus diesen Ordnungen geht hervor, was Bezeichnungen wie Vorprojekt, Kostenvoranschlag oder Gesamtleitung bedeuten und in welchem Bezug sie zueinander stehen.

Rein theoretisch wäre es möglich, unser einheimisches Bauwesen nach einer ausländischen Struktur zu beschreiben, beispielsweise nach der deutschen. In Deutschland spricht man nicht nur die gleiche Sprache wie in der Deutschschweiz, man plant und baut auch nicht wesentlich anders als bei uns. Deutsche Baufachleute, die in der Schweiz arbeiten, finden sich nach einer gewissen Angewöhnungszeit an das hiesige Bauumfeld schnell zurecht. Der Gelegenheitsbauherrschaft aber, an die sich das vorliegende Buch richtet, würde die deutsche Normenstruktur erstaunlich fremd vorkommen. Die Anwendung der deutschen Honorarordnung etwa (HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) ist für schweizerische Bauherren nicht von Nutzen. Es wäre auch höchst gewöhnungsbedürftig, die dort verwendeten Begriffe zu gebrauchen. Wem von uns ist völlig klar, was Ausdrücke wie Kostenanschlag, Kostenfeststellung, Honorarzone, Genehmigungsplanung, Objektüberwachung, Aufmass oder Objektbetreuung bedeuten?

Mit den SIA-Normen ist uns viel wohler. Das ist unsere Welt. Der SIA schafft Klarheit. Dank ihm wissen alle Akteure in der schweizerischen Bauwirtschaft, was Begriffe wie Bauprojekt, Bauleitung, Kostenvoranschlag, Abnahme oder Rügefrist bedeuten. Das Baugeschehen in der Schweiz kann somit gar nicht anders beschrieben werden, als mithilfe der SIA-Normen und insbesondere der SIA-Honorarordnungen.

Ein Überblick zum Bauwesen ohne Einbindung der SIA-Normen wäre ähnlich fragwürdig wie eine Beschreibung des schweizerischen Rechtssystems ohne Rückgriff auf das Zivilgesetzbuch und das Obligationenrecht. – Tauchen wir also ein in die SIA-Welt!

Hinsichtlich des Zitierens von Textauszügen aus den Normen habe ich mir Zurückhaltung auferlegt. Es wird nur so viel zitiert, dass die Grundideen erläutert und die Zusammenhänge aufgezeigt werden können. Die Ausführungen in diesem Buch können die Normen daher keineswegs ersetzen. Die Leserschaft ist daher gehalten, jeweils die neuesten Ausgaben der entsprechenden Normen zu konsultieren.

SIA-Honorarordnungen 102 ff.

Für Bauherren steht mit grosser Wahrscheinlichkeit die SIA-Honorarordnung 102 im Vordergrund. Sie regelt die Leistungen und Honorare von Architektinnen und Architekten. Der Berufsverband SIA verfolgt mit dieser Ordnung das Ziel, die Geschäftsbeziehungen zwischen Auftraggebern (Bauherren) und Planern (Architekten) zu vereinheitlichen. Der Inhalt dieser Ordnung kann somit als eine Art «Allgemeine Geschäftsbedingungen» des Architektenvertrags aufgefasst werden.

Verwandte Ordnungen zur SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) betreffen die Bauingenieure (103) sowie die Gebäudetechnikplaner (108). Die letzte Revision der Familie der SIA-Honorarordnungen 102 ff. stammt aus dem Jahr 2003. Näheres dazu siehe Kapitel 2 «Honorarfragen».

Leistungsbeschrieb und Leistungstabelle

Ein zentraler Bestandteil der Leistungs- und Honorarordnungen ist der Leistungsbeschrieb gemäss Artikel 4. Nachfolgend konzentrieren wir uns auf denjenigen der Architekten gemäss SIA-Honorarordnung 102 (Ausgabe 2003). Er umfasst in der gesamthaft rund fünfzig Seiten starken Ordnung zwanzig Seiten, also fast die Hälfte des Umfangs. Zusätzlich ist noch die sogenannte Leistungstabelle (Art. 7.9 SIA 102) beigefügt. Sie kann als Kurzfassung des Leistungsbeschriebs betrachtet werden. Diese wichtige Tabelle (siehe unten) gibt in kompakter Form die Struktur der üblichen Architektenleistungen wieder.

Die Prozentwerte in der Leistungstabelle geben Aufschluss über die anteilsmässige Gewichtung der einzelnen Leistungsbereiche. Die Teilphase «Vorprojekt» (Art. 4.31 SIA 102) beispielsweise beinhaltet 9% der gesamten Architektenleistung.

  • Veränderungen an der Leistungstabelle

Gegenüber der vollständigen Version in der SIA-Honorarordnung 102 ist die nachfolgend wiedergegebene Leistungstabelle etwas vereinfacht. Die Angaben zu den Phasen 1, 2 und 6 sind gekürzt. Der Vermerk «Abschluss der Planung — Beginn der Bauausführung» ist in der originalen Version nicht enthalten und von mir aus didaktischen Gründen eingefügt worden, um den Leistungsumfang der Bauausführung hervorzuheben.

Leistungstabelle gemäss SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) Art. 7.9 SIA 102; Ausgabe 2003

Tabelle durch Autor verändert; Details siehe vorstehenden Text

Phasen und Teilphasen

Der Leistungsbeschrieb ist in sechs Phasen gegliedert, wobei die Phasen 3 bis 5 in der Regel im Zentrum stehen. Bei den Phasen 1 «Strategische Planung» und 2 «Vorstudien» geht es um vorbereitende Tätigkeiten für die eigentliche Bauplanung. Sie kommen nicht bei jedem Bauvorhaben vor, sind daher optional und besonders zu vereinbaren. Das Gleiche gilt für die Phase 6 «Bewirtschaftung», welche die Nutzungsphase nach der Bauausführung abdeckt.

Die Hauptphase der Bauplanung entspricht der Phase 3 «Projektierung». Mit ihr befassen wir uns in diesem Buch nur in dieser Einleitung und somit nur am Rande. Ihr Abschluss wird definiert durch die Teilphase «Bewilligungsverfahren» (Art 4.33 SIA 102). Die Baueingabe ist die entscheidende Zäsur, welche die Planung von der Ausführung trennt. Mit der eingereichten Baueingabe ist das Projekt juristisch weitgehend verbindlich geplant. Grössere Änderungen sind nun nicht mehr so ohne Weiteres möglich.

Nach der Projektierung geht es um die Bauausführung, das hauptsächliche Thema dieses Buches. Die Bauausführung umfasst die Phasen 4 «Ausschreibung» und 5 «Realisierung».

Leistungsmodell (Ordnung SIA 112)

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es im Bauplanungsgewerbe neben den traditionellen SIA-Honorarordnungen 102 ff. ein neueres Instrument gibt zum Abschluss von Planungsverträgen, nämlich das sogenannte Leistungsmodell (Ordnung SIA 112). Mit ihm kann die Gesamtheit aller Planungsleistungen in einem einzigen Vertrag in Auftrag gegeben werden, wobei die einzelnen Module projektbezogen festzulegen sind. Näheres dazu siehe Absatz «Das Leistungsmodell (Ordnung SIA 112)».