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B. Kostenermittlung nach Bauteilen (Elementmethode)

Eines der wenigen radikal neuen und wirklich brauchbaren Werkzeuge im Bauplanungsgewerbe der letzten Jahrzehnte ist die sogenannte Elementmethode zur Ermittlung der Baukosten. Sie stellt das bisher fehlende Bindeglied zwischen der kubischen Berechnung und dem Kostenvoranschlag dar. Ersterer mangelt es in vielen Fällen an der Präzision. Letzterer ist zwar genau, aber aufwendig zu erstellen und in der Regel für die Belange der Planung zu spät. Die schnelle und genügend genaue Elementmethode schliesst die Lücke.

Ein neues (und nötiges) Instrument

Im Unterschied zur kubischen Berechnung werden die Baukosten bei der Elementmethode nicht aufgrund eines einzigen Schätzwertes bestimmt, des Kubikmeterpreises, sondern anhand eines ganzen Baukastens von Schätzwerten. Die Elementmethode stellt man sich denn auch am besten als Baukasten vor. Die Kosten des Bauwerks werden ermittelt, indem man die Kosten der einzelnen Bauelemente addiert. Typische Bauelemente sind Decken, Fassaden, Fenster, Dächer, Verkleidungsbauteile und weitere mehr.

Gering ist der Zeitaufwand für die Kostenplanung aber auch mit der Elementmethode nicht. Die Zahl der Bauelemente wird von nicht sachkundigen Lesern, und das dürften die meisten sein, vermutlich unterschätzt. Ins Gewicht fällt vor allem, dass die Kosten von Rohbau und Ausbau weitgehend getrennt erfasst werden. Tragende Bauteile wie Decken oder Wände enthalten nur die Rohbauarbeiten. Elemente des Ausbaus wie Verkleidungen oder Oberflächenbehandlungen aller Art müssen unabhängig davon ermittelt werden. In der Praxis kann das Berechnen der entsprechenden Mengen mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden sein, sofern nicht ein fortgeschrittenes CAD-System die Massenauszüge weitgehend automatisch erstellt.

 

  • Geschichtliches

Die Wurzeln der Elementmethode liegen in Grossbritannien. Traditionell hat hier das Kostenwesen in der Bauwirtschaft ein hohes Niveau. Es gibt im Baugewerbe sogar einen eigenständigen Berufsstand, den «Quantity Surveyor» (Bauökonom), der sich ausschliesslich mit Baukostenplanung befasst. In der Schweiz hat das Verfahren der Bauteilmethode (Elementmethode) erst in den achtziger Jahren langsam Fuss fassen können. Pionierarbeit dafür hat die Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB) mit Sitz in Zürich geleistet, die auch die nötigen Arbeitshilfsmittel entwickelt hat. Die definitive Fassung des normierten Baukastens für die Gliederung der Bauteile (die sogenannte Elementkostengliederung EKG) ist nach einigen Jahren Versuchsphase erst 1991 publiziert worden. Gebrauchsfähige Softwarelösungen sind noch später auf den Markt gekommen.

Mit Ausnahme des brandneuen Leistungsmodells 95 stammen die heute gültigen Honorarordnungen der Bauplaner, insbesondere die SIA-Ordnung 102 (Architekten), aus dem Jahr 1984. Die später aufgekommene Elementmethode ist darin verständlicherweise nicht enthalten. Falls die alten Ordnungen einmal überarbeitet werden sollten, wird der SIA kaum darum herumkommen, dieses moderne Instrument der Kostenplanung einzufügen. In der Zwischenzeit liegt es an der Bauherrschaft, bei komplexeren Bauvorhaben die Anwendung der Elementmethode zu verlangen (siehe Abschnitt «Der gute Weg zu marktgerechten Architektenhonoraren»; Buchstabe B: «Art der Kostenermittlung»).

Bei der Honorierung nach der SIA-Ordnung 102 kann sich die Frage stellen, ob der Einsatz dieser Methode als Zusatzleistung zu betrachten sei. Meiner Ansicht nach trifft dies nicht zu. Eine zeitgerechte und genügend genaue Kostenermittlung ist eine Kerntätigkeit bei jeder Bauaufgabe und nicht eine separat zu entschädigende Zusatzleistung.

Richtwerte für Bauelemente

Die bereits erwähnte Zentralstelle für Baurationalisierung CRB hat in der Schweiz nicht nur die Elementmethode konzipiert, sie gibt auch eine jährliche Publikation mit aktuellen Richtwerten für Bauelemente heraus: den sogenannten Berechnungselemente-Katalog BEK (siehe «Literaturverzeichnis»). Er enthält Richtwerte für gängige Ausführungen einer grossen Zahl von Bauelementen.

 

Ein Beispiel aus dem Berechnungselemente-Katalog BEK (Betondecke)

Decke in Stahlbeton; Dicke 20 cm; Armierung 12 kg/m2
(Darstellung stark vereinfacht)
1. Beton (2 Positionen)
Richtpreis
48.80 Fr./m2
2. Schalung (12 Positionen)
Richtpreis
54.30 Fr./m2
3. Armierung (6 Positionen)
Richtpreis
36.85 Fr./m2
Richtwert total
139.95 Fr./m2
Hinweis: Preise in Fr. pro m2 Betondecke (Preisstand 1998; inkl. MWSt)

Im Berechnungselemente-Katalog ist für jedes Element genau definiert, wie der Preis ermittelt wird. Diese Grundlage für die Preisberechnung kann als Kalkulationsrezept bezeichnet werden. Für eine Betondecke (siehe Beispiel) beruht die Kalkulation auf zwanzig Einzelpositionen: zwei für den Beton, zwölf für die Schalung und sechs für die Bewehrung. Als Resultat wird im Berechnungselemente-Katalog für die komplette Betondecke von 20 cm Dicke ein Richtwert von 139.95 Fr./m2 angegeben (Preisstand 1998).

 

  • Bildung von Spezialelementen

Mit den Preisangaben aus dem Berechnungselemente-Katalog kommt man für die meisten üblichen Bauaufgaben aus. Die Kalkulationsrezepte erlauben nämlich, kleinere Abweichungen von den Standardausführungen kostenmässig zuverlässig in den Griff zu bekommen. Es ist beispielsweise möglich, den Richtwert einer Betondecke zu berechnen, die mit 22 cm Dicke etwas dicker ist als die oben angegebene Ausführung mit 20 cm.

Bei speziellen Bauaufgaben allerdings stösst man mit den Bauelementen aus dem Katalog, auch abgewandelten, an Grenzen. Typisches Beispiel eines nicht alltäglichen Bauprojektes ist eine Fabrikhalle. Mit Katalogbauteilen lassen sich die Kosten von Stahltragwerken, leichten Fassaden oder schweren Bodenplatten nur unzureichend erfassen. Eine Planungsfirma, die regelmässig mit derartigen Konstruktionen zu tun hat, kann sich die Kostenermittlung sehr erleichtern, wenn sie dafür zusätzliche Bauelemente konzipiert. Die «offizielle» Liste der Richtwerte aus dem Berechnungselemente-Katalog ergänzt sie somit mit firmeninternen, bauaufgabentypischen Spezialelementen.

Beispiel eines derartigen Spezialelementes ist eine schwere Bodenplatte für eine Industriehalle. Aus der Spezifikation der Platte geht hervor, dass der konstruktive Aufwand für dieses Bauteil erheblich ist (Traglast 4 to/m2; Stützenkopfverstärkungen für Pfahlfundation etc.). Für diese im Industriebau nicht ungewöhnliche Ausführung einer Bodenplatte ergibt sich ein Richtpreis von 296 Fr. pro m2. Diese Preisangabe ist sehr nützlich, wenn für eine vergleichbare Bodenplatte die Kosten in einem frühen Planungsstand zuverlässig abgeschätzt werden sollen.

 

Beispiel eines bauaufgabentypischen Spezialelementes (schwere Bodenplatte)

Schwere Bodenplatte für eine Industriehalle

Nutzlast 4 to/m2; Dicke 25 cm; auf Pfählen; mit Stützenkopfverstärkungen; Armierung 38 kg/m2; Wärmeisolation 4 cm Foamglas; Oberfläche fertig im Homogenverfahren; inkl. Zusatzbauteile wie Frostriegel und dgl.

Richtwert total 296.- Fr./m2
Hinweis: Preis in Fr. pro m2 Bodenplatte (Preisbasis 1998; inkl. MWSt)

Varianten der Elementmethode

Mit der Elementmethode können Kostenschätzungen unterschiedlicher Präzision erstellt werden, je nach dem Aufwand, der dafür getrieben wird. Anhand von zwei Beispielen gehen wir näher darauf ein.

Mit einer relativ groben Kostenermittlung befassen wir uns im ersten Beispiel. Die angestrebten 10% Genauigkeit, die wir für Investitionsrechnung und Baueingabe gefordert haben, dürften damit aber in den meisten Fällen zu erreichen sein. Man verzichtet hier darauf, jedes einzelne Bauelement für sich zu betrachten. Vielmehr werden ähnliche, zusammengehörende Bauelemente (beispielsweise alle Wandverkleidungen) zusammengefasst und pauschal mit einem Mischpreis in die Kostenberechnung einbezogen. Derartige Mischpreise werden gemäss der CRB-Terminologie als Kostenkennwerte bezeichnet.

In einem zweiten Beispiel gehen wir auf die detaillierte Variante der Elementmethode ein. Diese ist wesentlich aufwendiger als die summarische (grobe) Variante, aber immerhin noch deutlich weniger aufwendig als der altvertraute Kostenvoranschlag. Hier verzichtet man auf Mischpreise und berechnet die grosse Vielfalt der diversen Bauelemente einzeln. In der Literatur des CRB bezeichnet man dieses Verfahren etwa als «Kostenermittlung mit Berechnungselementen».